Schmerzhafte, betäubungslose Enthornung von Kälbern wäre damit
beendet.
"Bauernblick und Forschersicht - Gemeinsame
Strategien für mehr Tiergerechtheit" war das Generalthema der 16.
FREILAND-Tagung, die Ende September an der Universität für
Bodenkultur Wien stattfand. Mit über 200 TeilnehmerInnen aus fünf
Nationen bestätigte die FREILAND-Tagung ihren Rang als führende
angewandte Ethologietagung im deutschsprachigen Raum.
Auch dieses Jahr ließen ExpertInnen mit neuesten
Wissenschaftsergebnissen aufhorchen: Die schmerzhafte, betäubungslose
Enthornung der Kälber - wie sie aktuell in der Landwirtschaft
praktiziert wird - könnte schon bald der Vergangenheit angehören.
"Es ist eine Schande, dass gerade in den hochentwickelten
Landwirtschaftsstaaten das betäubungslose Enthornen praktisch aller
für die Milcherzeugung vorgesehenen Kälber heute zur praxisüblichen
Selbstverständlichkeit geworden ist. Ganz selbstverständlich werden
die Tiere den beengten Raumverhältnissen moderner Ställe angepasst,
anstatt die Ställe den Bedürfnissen der Tiere entsprechend zu
gestalten!" so Reinhard Geßl, Tagungsleiter vom Forschungsinstitut
für biologischen Landbau (FiBL Österreich). "Neben der Konzeption von
Ställen, die den arteigenen Bedürfnissen der Tiere gerecht werden,
muss es ein weiteres wesentliches Ziel der landwirtschaftlichen
Tierhaltung sein, schmerzhafte Eingriffe in die Integrität der Tiere
- wie die betäubungslose Enthornung - bei vorhandenen Alternativen
umgehend abzustellen."
Realistische Zukunftsoption bei FREILAND-Tagung vorgestellt
Eine realistische Zukunftsoption zur Problematik der
betäubungslosen Enthornung wurde nun bei der 16. FREILAND-Tagung von
Wissenschaftern und Praktikern vorgestellt.
Jack Windig von der Animal Science Group of Wageningen UR in den
Niederlanden erläuterte die Möglichkeiten neuer
Zuchwertschätzungsmodelle:
"Hornlosigkeit gibt es bei Rindern schon seit Jahrtausenden, wobei
einzelne Rassen überhaupt hornlos sind wie zum Beispiel Aberdeen
Angus oder Galloway. Einige Rassen zeigen einzelne hornlose Tiere -
und einige Rassen sind wiederum für ihre dominanten Hörner bekannt
wie etwa Schottische Hochlandrinder. Die klassischen Milchviehrassen
zeigen bisher nur ganz wenige reinerbig hornlose Tiere, welche
allerdings heute leistungsmäßig Defizite aufweisen. Mit modernen
Zuchtwertschätzungsmodellen wie der genomischen Selektion wird es
gelingen, innerhalb von vier Generationen, also 6 bis 10 Jahren,
homozygot genetisch hornlose Stiere mit guten Zuchtwerten zu
züchten", so der renommierte niederländische Züchtungsexperte.
Diese Ansicht bestätigte ebenso Thomas Grupp von der
Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzucht- und
Besamungsorganisationen: "Auch beim Fleckvieh gehen in Deutschland
alle Bemühungen in Richtung hornlose Genetik. Heute kann
prognostiziert werden, dass - wenn Politik, Bauern und Konsumenten an
einem Strang ziehen - in der Fleckviehpopulation im Jahr 2020 der
Großteil der geborenen Kälber genetisch hornlos sein wird."
Zucht auf Hornlosigkeit als Alternative zur schmerzhaften Enthornung
"Wir können das Rad der Rinderhaltung nicht zurückdrehen. Da der Zug
für die Haltung behornter Kühe in der Praxis leider längst abgefahren
ist, müssen wir jetzt nach schmerzfreien Alternativen suchen" so
Tagungsleiter Reinhard Geßl. "Die sehr emotionale Diskussion der
beiden Experten-Vorträge beweist: In Österreich braucht es noch viel
Überzeugungsarbeit, um sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass Kühe
von Geburt an keine Hörner ausbilden und dennoch keine Krüppel sind.
Schlussendlich tragen reinerbig hornlose Rinder zwar das Hornanlagen
im genetischen Code, das Horn wird aber nicht mehr ausgebildet. Bis
zur praxistauglichen Umsetzung sind noch viele kritische
Züchtungsfragen zu klären und zu lösen, als Alternative zur
schmerzhaften Enthornung scheint die Zucht auf Hornlosigkeit aber ein
interessantes Modell. Die 16. FREILAND-Tagung hat zur forcierten
Zucht in Österreich einen kräftigen Impuls gegeben."
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